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Erläuterungen zum Immunstatus

Der Immunstatus gibt eine zusammenfassende Information über den Krankheitszustand und über die Abwehrsituation eines Patienten zum Zeitpunkt der Blutentnahme.

Der Immunstatus setzt sich zusammen:
1. Blutbild mit mikroskopischer Differenzierung.

Hinweise auf mikroskopisch erfassbare Veränderungen der Zellen des Blutes.
Anisozytose: Unter Anisozytose verstehen wir eine das Normale überscheitende Größenvarianz der Erythrozyten.
Poikilozytose: Die Poikilozytose zeigt das Auftreten pathologischer Erythrozytenformen, die auf eine Schädigung der Erythropoese hinweisen.
Polychromasie: Polychromasie ist ein charakteristischer Laborbefund der hyperregenerativen Anämie (Retikulozytose) bei hämolytischer Anämie oder Blutungsanämie (letztere weniger). Kann auch bei Behandlung einer Mangelanämie (nach Eisen-, Vit. B12- und Folatsubstitution) auftreten.
Normoblasten: Aus dem polychromatischen Erythroblasten gehen die nicht mehr teilungsfähigen Normoblasten hervor. Der Nachweis von Normoblasten im peripheren Blut weist vielfach auf eine Steigerung der Erythropoese hin.
Schizozyten entstehen während hämolytischer Krisen und können dann im peripheren Blut nachgewiesen werden. (Kann bei angeborenen Stoffwechseldefekten entstehen, z. B. Glukose-6- Phosphat Dehydrogenase-Mangel). Auslösende Ursachen einer hämolytischen Krise können sein: Infektionen, Vegetabilien, Analgetika u. Antipyretika, Antibiotika, Sulfone.
Dakrozyten zeigen sich gewöhnlich im peripheren Blut bei normozytären Anämien mit Anisozytose, Poikilozytose und Polychromasie. Initial liegt vielfach eine Thrombozytose vor, die in eine Thrombozytopenie übergehen kann.
Die Erhöhung der Erythrozyten hat eine Erhöhung des Hk zur Folge. Ursachen der erhöhten Erythrozytenmasse können sein: Hypoxie, Tumoren, vermehrtes Erythropoietin. Präanalytik: Auch ein zu langes Stauen verursacht eine Zunahme des Hk.
Die verminderten Erythrozyten-Indizes MCHC, MCH und MCV weisen auf eine bestehende Anämie hin. Es dürfte sich um eine Eisenmangelanämie handeln. Eine Abklärung ist angeraten. Der erhöhte MCV-Wert kann auch auf eine aplastische Anämie hinweisen. Nochmals Anamnese und Klinik (Vorschlag: Bestimmung von Vit. B 12, Intrinsic-Faktor-Ak. und GLDH.)
2. Immunglobuline E, G, A und M.
Die Beurteilung der Immunglobuline dient zur generellen Einschätzung der Antikörper bildenden B-Lymphozyten und der für die Synthese der Immunglobuline mit verantwortlichen Organe (z. B. Leberfunktion). Erfassung der gegenwärtigen humoralen Abwehrleistungen. Hinweise auf Synthesestörungen und allergische Komponenten. Dabei muss eine Allergie nicht immer mit einem erhöhten IgE einhergehen. Hinweise auf monoclonale Gammopathien.
3. C-reaktives-Protein.
Die Bestimmung des CRP gibt Informationen über eine akute Phase einer Infektion und/oder Entzündung, wie über chronische Erkrankungen oder Tumoren.
4. Lymphozytendifferenzierung.
Die durchflusszytometrische Analyse der Lymphozytensubpopulationen mit Hilfe fluoreszenzmarkierter monoklonaler Antikörper (die gegen spezifische Oberflächenmarker /Cluster of Differentiation/ der verschiedenen Lymphozyten gerichtet sind), gibt uns Hinweise auf den gegenwärtigen Zustand der humoralen und zellulären Immunität und Einblicke auf die Genese von primären und sekundären Immundefekten.
Die Lymphozytendifferenzierung wird von uns in 2 Bereiche aufgeteilt (vorausgesetzt, das Blut ist nicht überaltert).
4.1. Lymphozyten, Monozyten und Granlozyten.
Die in der Durchflußzytometrie (jeweils 15.000 Zellen werden gezählt) nachgewiesenen Granulozyten, Monozyten und naiven Lymphozyten (CD45+/CD14+) werden erfasst.
A. Naive Lymphozyten.
Dabei erfolgt die Einschätzung der Abwehrlage und besonders die mengenmäßige Erfassung der naiven Lymphozyten (Normalwert 1000 - 3600 Zellen/µl). Ist die Anzahl der naiven Lymphozyten vermindert (unter 1000 Zellen/µl) so kann davon ausgegangen werden, dass die Lymphopoese gestört ist und eine Anregung der Lymphopoese stattfinden sollte. Vielfach auftretend nach Tumortherapien und nach bestimmten Medikationen. Sind die naiven Lymphozyten vermindert, ist eine Restauration der Lymphopoese erforderlich (besonders auch bei älteren Menschen. Mit Thymuspeptiden und Zinksubstitution ist eine Therapie möglich). Bei einer erheblichen Vermehrung der Lymphozyten sollte eine monoclonale Gammopathie ausgeschlossen werden.
B. Die Monozyten
(Normalwert 80 - 590 Zellen/µl) geben Hinweise auf sich entwickelnde Abwehrleistungen (Phagozytose). Eine Monozytose kann Ausdruck einer monozytären Abwehr- oder Überwindungsphase eines Infektes oder anderer Infektionen sein. Monozyten gelangen aus Knochenmark ins Blut und emigrieren durch Kapillarwände in die Gewebe, wo sie sich zu Makrophagen oder myeloiden dentritischen Zellen (DC) differenzieren und dann verbleiben. Um die Funktionsbereitschaft der Monozyten zu überprüfen, sollte die Bestimmung der Phagozytose-Aktivität erfolgen (s. Laborinfo 12, 13 und Burst)
C. Granulozyten
(Normalwert 2300 - 6900 Zellen/µl) sind Teile der differenzierten Abwehrmechanismen des Organismus. 93% der Granulozyten befinden sich als Reserve im Knochenmark. Sie werden bei Entzündungen schnell ins Blut (Verweildauer maximal 10 Stunden) und von dort in die Gewebe gelockt. Hier führen sie ihre Effektorfunktionen aus und sterben dann ab. Die Granulozyten sind vermehrt (Leukozytose). Die Ursache der Granulozytosen können in der Lymphozytendiff. nicht erkannt werden. Vorausgesetzt, die Granulozytose hat keine immunol. Ursache.
Bestrahlungen oder Chemotherapien, die zur Behandlung von Tumoren eingesetzt werden, haben Nebenwirkungen auf das Immunsystem. Ähnlich trifft das für Medikamente zu. Eine Vielzahl von Medikamenten hat unerwünschte Auswirkungen auf das Immunsystem. Sie sind oft schwer zu katalogisieren, da sie selten auftreten und Patienten auch verschieden reagieren. Es können Autoimmunopathien entstehen. Kreuzreagierende IgG-Antikörper gegen Basalmembranen der Niere oder der Haut können zu lebensbedrohlichen Blutungen in der Lunge und zu Nierenversagen führen (Goodpasture-Syndrom).

Tabelle - therapiebedingter Immunopathien (n. Schütt, Bröker)

Bestrahlung
Zytostatika
Antibiotika
Immunsuppression, Lymphozytenapoptosen
Immunsuppression, Apoptosen
Zerstörung der Darmflora
Andere MedikamenteTyp-1-, Typ-II-, Typ-III-Überempfindlichkeit
(anaphylaktischer Schock, Serumkrankheit)
Autoimmunität, Zytopenien
Hormone
Impfungen
größere Operationen
Organtransplantation
Bluttransfusionen
diverse Immundysregulationen, Apoptosen
Zwischenfälle durch Kontaminationen
periphere Immunsuppression
Abstoßungskrisen, graft versus host-Reaktionen
Zwischenfälle durch Verwechslung, HLA-Sensibilisierung

4.2. Lymphozyten-Subpopulationen (Lymphozytentypisierung)
Die Erfassung der Lymphozyten-Subpopulationen ist ein wesentlicher Bestandteil des Immunstatus. Die Lymphozyten sind ein Bestandteil des Blutbildes und können innerhalb der Gruppe der weißen Blutkörperchen aufgrund spezifischer morphologischer Kriterien differenziert werden.
Diese Zellen des Immunsystems tragen auf der Zelloberfläche spezifische Merkmale (sog. Marker), die nach der Markierung mit spezifischen Antikörpern in der Durchflusszytometrie erkennbar sind und gemessen werden können. Aufgrund dieser Merkmale (CD-Klassifikation) und ihrer funktionellen Aktivität in der Immunabwehr können verschiedene Klassen von Lymphozyten unterschieden werden.
4.2.1 Die im Thymus geprägten reifen T-Lymphozyten
(CD3+, reife T-Lymphozyten), sind primär für die zellvermittelte Immunität verantwortlich. Referenzwerte: 62 - 86 %, 1200 - 1790 Zellen/µl. Die Gesamtzahl der CD3+ T-Lymphozyten zeigt uns die Zellen der spezifischen zellulären Immunabwehr. Die reifen T-Lymphozyten (CD3+) lassen sich weiter in T-Helfer- (CD3+CD4+) und T-Suppressor-Zellen (CD3+CD8+) sowie in zytotoxische T-Lymphozyten (CD3+CD8neg.CD38+) differenzieren.
4.2.2. B-Lymphozyten
( CD19+ B-Lymphozyten) sind die Antikörper bildenden Lymphozyten der humoralen Abwehr. Referenzwerte: 7 - 23 %, 150 - 480 Zellen/µl. Beim Menschen reifen die B-Lymphozyten im Knochenmark (bone marrow). Es wird Die Übereinstimmung der Immunglobuline mit den B-Lymphozyten geprüft.
4.2.3. T-Helfer-Zellen
(syn. T4-Helferzellen, CD4-Lymphozyten, T4-Lymphozyten, CD4- Zellen). Die CD4-Zellen (CD3+CD4+) sind Untereinheiten zur Steuerung der zellulären Immunabwehr. Referenzwerte: 31 - 59 %, 590 - 1200 Zellen/µl. Die T-Helfer-Zellen erkennen fremde Antigene bzw. Antigen präsentierende Zellen und stimulieren resp. induzieren die zelluläre und humorale Immunantwort (B-Lymphozyten). Die CD4- Zellen besitzen aktive Untereinheiten, die für die spezifischen Immunantworten verantwortlich sind. Es handelt sich um die TH1-/ TH2-Zellen. Eine permanente Verminderung der CD4-Zellen, bei erniedrigter T4/T8-Ratio, tritt vielfach bei einer fortgeschrittenen HIV-Infektion, bei einer Malaria, beim SLE, HHV6- Infektion und bei der juv. rheum. Arthritis auf. Eine permanente Erhöhung der CD4-Zellen kann Folge einer klonalen CD4-Zell- Proliferation (T-CLL vom CD4-Typ, Sezary-S.) sein. Ein akuter Anstieg der CD4- Zellen mit erhöhter T4/T8-Ratio wird bei akuten Schüben chron. Erkrankungen (z.B. Borreliose, EBV, CMV, HHV6, Toxoplasmose), bei Allergien und der atopischen Dermatitis nachgewiesen.
4.2.4. T-Suppressor-Zellen
(syn. CD8-Lymphozyten, T8-Suppressor-Zellen, CD8-Zellen) Referenzwerte 19 - 48 %, 400 - 1010 Zellen/µl. Diese Lymphozyten haben eine Kontrollfunktion insbes. gegenüber den CD4-Zellen. Sie hemmen die Immunantwort und reduzieren die Ausschüttung von Zytokinen. Ein akuter Anstieg der CD8 pos. Suppressor-T/zytotoxischen T-Lymphozyten geht mit einer niedrigen T4/T8-Ratio einher. Diese Konstellation deutet allgemein auf eine Immunstimulation hin. Vorkommen im Zusammenhang mit einer viralen Infektion (z. B. EBV, CMV, HHV6, HSV) oder im Frühstadium eines Diabetes mellitus Typ I oder einer anderen beginnenden Autoimmunerkrankung. Permanent hohe CD8-Lymphozyten werden vielfach bei malignen Lymphomen vom Suppressor-Typ nachgewiesen. Permanent niedrige CD8-Zellen mit erhöhter T4/T8-Ratio wird nicht selten bei Autoimmunerkrankungen (z- B. aktiver SLE, Hashimoto-Thyreoiditis), Nahrungsmittel- Unverträglichkeiten, Alopecia areata (et totalis) nachgewiesen.
4.2.5. T4/T8-Ratio
Ratio ist ein rechnerisch ermittelter Wert zur Erfassung der Verschiebungen innerhalb der Subpopulationen CD4-Zellen und CD8-Zellen s. o.
4.2.6. CD3+/Aktiv. HLA-DR-T-Lymphozyten
sind aktivierte Lymphozyten in der Spät- /Folgephase. Referenzwert 5 - 10 %, 40 - 300 Zellen/µl. Die Zellen besitzen MHC-II- Rezeptoren (MHC= major histocompatibility complex) für die Antigen-Präsentation. Die Expression von MHC-II-Molekülen ist beschränkt auf sog. Antigen präsentierende Zellen wie dendritische Zellen, Monzyten, Makrophagen und B-Lymphozyten. Die CD3+HLA-DR+ positiven Zellen geben Hinweise auf die bestehende Aktivität des Immunsystems. Reduzierte Zellzahl bedeutet auch Reduktion der aktivierten TH1/TH2- Zellen.
4.2.7. NK-Zellen
(CD3-,CD16+56+) Referenzwert 5 - 26 %, 110 - 550 Zellen/µl. Sind die lysieren infizierte Zellen, Tumorzellen und Zellen, die durch Immunglobulin G markiert sind.

Diese Zusammenfassung des Immunstatus soll eine Hilfeleistung bei Verstehen der Laborergebnisse sein. Die Interpretation erfolgt natürlich weiterhin und die Therapievorschläge werden ebenfalls weiterhin aus immunologischer Sicht unterbreitet.

Materialentnahme:- EDTA-Blut (rote Monovette) -Untersuchung bis 24 Stunden nach der Blutentnahme möglich
- Serum (braune oder weiße Monovette) zur Bestimmung von Immunglobulinen und CRP

Das Blut zur Blutbild-Bestimmung oder Lymphozytendifferenzierung immer bei
Zimmertemperatur aufbewahren.


Zusatzinformation: Verdachtsdiagnose und wichtige klinische Befunde sollten unbedingt mitgeteilt werden. Postversand ist möglich, dann ist eine Blutentnahme gg. Mittag sinnvoll und sofort in die Post geben.
 
Beispiel eines Immunstatus: